05 Akutes psychisches Defizit

Inhalt: Der Pegel der psychischen Energie sinkt, der Stresspegel steigt, die Software des Gehirns greift zu Sparmaßnahmen und reduziert den Einsatz energiezehrender oberer Schichten ihrer neuronalen Netze mit der Folge einer Qualitätsminderung der Aktionen und des Lebensgefühls. Außerdem werden nun ‚Urprogramme‘ in Gang gesetzt, um weiteren Abfluss zu begrenzen. Wie wirkt sich solches im täglichen Leben aus? Könnte eine KI negative Auswirkungen mindern?

Die Belastung wächst weiter, Erfolge bleiben aus, der Pegel der psychischen Energie sinkt. Die Belastungsgrenze ist erreicht, zeitweise überschritten. Der Stresspegel ist mit dem Energiedefizit deutlich angestiegen.

Der Organismus verlässt den Normalbetrieb und beginnt, sich durch die bekannten Stressreaktionen wie erhöhten Herzschlag und Blutdruck wie auch Herabfahren von momentan weniger wichtigen Tätigkeiten wie Verdauung, Fortpflanzung oder Immunabwehr, dieser Überlastung Paroli zu bieten.

Um dafür psychische Energie einzusparen, reduziert die Software des Gehirns die Beteiligung oberer, energieintensiver Schichten der neuronalen Netze, z.B. Bewusstheit, Verstand und soziale Kompetenzen.

Untere, festverschaltete und unbewusste ‚Hardware-basierte‘ Schichten benötigen viel weniger psychische Energie als beim fluiden Denken frei gestaltende ‚Software-basierte‘, höhere Ebenen der neuronalen Netze und liefern blitzschnelle Ergebnisse, zumal bei gröberer Rasterung nur noch die stärksten Inputs zählen.

Höhere Schichten berücksichtigen durch mehr Übersicht viel mehr Argumente zur Berechnung der Motivation und müssen zwischen umso mehr möglichen Handlungsweisen Entscheidungen treffen. Das kostet nicht nur übermäßig viel psychische Energie, sondern auch zu viel Zeit.

Je mehr obere Schichten durch Einsparung inaktiviert werden, desto mehr leidet nicht nur die aktuelle Leistung. Auch das Lebensgefühl wird zunehmend durch Unsicherheiten und Ängste bestimmt. Die Reduktion der Qualität gleicht einer Art Rückentwicklung in frühere Entwicklungsphasen.

Was nützt Intelligenz, wenn sie nicht mehr verfügbar ist? Das Selbstwertgefühl schwindet, man ist nicht mehr der, der man sein könnte.

Zunächst kann ein ‚Denken in Schubladen‘ entlasten: Unterwäsche, Socken, Hemden und Hosen wird man auch nicht einfach so in den Schrank stopfen und bei der Suche nach dem passenden Outfit jedes Mal eine Suchaktion für verknittertes Zeug starten wollen. Nein, alles schön in Schubladen sortiert.

Dies gilt auch für in Schubladen abgelegte Erfahrungen: Von diesem Kerl mit diesem Aussehen weiß ich, dass er schnell aggressiv reagiert.

Wenn ich also einem Typen mit ähnlichem Aussehen und Habitus begegne, kommt der ohne weitere Prüfung erst einmal in die gleiche Schublade wie der erste, weil mein Algorithmus die Wahrscheinlichkeit als erhöht einschätzt, dass der ebenso unbeherrscht drauf ist.

Bevor ich mich also mit dem einlasse, muss ich mich vergewissern, dass er sich normal verhält und nicht wie der Andere eine Bedrohung für mich darstellen könnte. Erst dann kommt der aus seiner Schublade wieder raus.

Zuerst bewähren, dann als ‚gut‘ einschätzen und noch viel später – vertrauen.

‚Schubladendenken‘ in verschiedensten Bereichen rastert zwar gröber, spart jedoch viel Energie ein und ermöglicht es, eine aktuelle Situation in Sekundenbruchteilen mit eigenen Erfahrungen abzugleichen und als nicht zu unterschätzender Überlebensvorteil schnellstmöglich zu reagieren.

Im Übrigen kann ein in seiner Rechenleistung reduziertes Gehirn anspruchsvolle, geschweige denn komplexe Zusammenhänge eh‘ nicht mehr erfassen und verarbeiten. Es ist gezwungen, die Wahrnehmung der Realität und die Weiterverarbeitung der Daten so lange zu vereinfachen, bis auch untere Schichten dies bewältigen können. Der Betroffene selbst ‚verdummt‘ zusehends und nimmt sogar eine für alle sichtbare mentale Einschränkung nicht wahr.

Wie das denn?

Zu viele Einflussgrößen! Hier schlägt die Stunde der Ideologie: Möglichst viele der variablen Größen werden zu Festpunkten gemacht: Dann ist viel leichter zu rechnen.

  • Wenn der Kommissar im Stress ist, wächst die Wahrscheinlichkeit, sich zu früh auf einen Täter festzulegen, um weniger Variable zu haben.
  • Nur noch in Schwarz-weiß zu denken ist die einfachste Sicht..
  • Atomkraft: Nein danke, der Strom kommt aus der Steckdose…
  • Frieden schaffen ohne Waffen: Wie?

Was über den durch Ängste begrenzten ‚mentalen Horizont‘ im Hier und Jetzt hinausgeht, verleugnen, ablehnen, notfalls militant bekämpfen.

Und wie war das mit den Prioritäten?

Im Film von 1954 Die Caine war ihr Schicksal ereifert sich der hilflos überforderte Kapitän bei minimalem psychischem Energiepegel minutenlang über den offenen Kragenknopf eines Matrosen, während sein Schiff eine Schlepptrosse überfährt und als Ganzes in Gefahr gerät. Die in der Situation völlig unwichtige Kleiderordnung lässt sich ohne Aufwand dozieren, die Kernaufgabe selbst weit überfordernd und mental ausgeblendet.

Im akuten Mangel an psychischer Energie liegt auch das Selbstmanagement darnieder. Es gelingt kaum noch, sich Überblick zu verschaffen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Zusammenhänge zu erkennen oder Dinge zu Ende zu denken.

Entscheidungen sind höchst energiezehrend, fallen entsprechend schwer und werden lieber auf bessere Zeiten verschoben.

Nun schlägt die Stunde vielfältiger ‚Berater‘, um den geistig Verarmten auf vielfache Weise auszunützen. Spezielle ‚Helfer‘ wie z.B. Sekten, Gurus oder Heiler bieten ihre Hilfe im psychischen Chaos an mit dem Ziel, den Wankenden zu vereinnahmen und nicht mehr vom Haken zu lassen.

Wenn der Wasserspiegel sinkt und alle darunter verborgenen Untiefen und Sandbänke kommen ans Licht, so tauchen auch bei der Regression auf tiefere Schichten die dort abgelegten Erinnerungen wieder auf:

Urplötzlich wichtig, was die Schwiegermutter einmal Despektierliches gesagt oder dass der Nachbar vor Jahren einen überhängenden Ast abgesägt hat, ohne vorher zu fragen.

Rückschritt, Regression? Wie bitte?

Das Großhirn, samt seiner Software jüngster Teil in der Entwicklungsgeschichte, erlaubt als Sitz von Verstand und Vernunft ‚höhere Hirnfunktionen‘ wie Lernen, Verstehen von Zusammenhängen und strategische Überlegungen, leider mit enormem Energieverbrauch.
Und im wachsenden Mangel an Energie?

Zuletzt installiert, zuerst aus dem Verkehr gezogen: Last In, First Out.

Im Mangel an psychischer Energie freie Bahn für den Autopiloten und die darunter liegenden unbewussten ‚Urprogramme‘ wie z.B. der ‚Sündenbock‘.

Natürlich sind immer Andere an der misslichen Lage schuld, das Eingeständnis eigener Fehler würde zu viel psychische Energie abfließen lassen.

Das fast leere psychische Fass macht überempfindlich auch noch gegen kleinste psychische Abflüsse.
Bereits die ‚Fliege an der Wand‘ kann sich zum tagesfüllenden Problem aufbauschen. Alles ’nervt‘ nur noch…

Was tun? Gering die Chance, mental eingebremst aus eigener Kraft wie der Phönix aus der Asche wieder aufzuerstehen. Aber könnte man nicht an anderer Stelle für Zuflüsse sorgen und damit die Misserfolge kompensieren?

Frust oder Langeweile? Ein Schoko-Riegel gleicht das locker aus. Frustessen als effizienter Seelentröster: Vor allem Zucker, der als ‚Gehirnnahrung‘ wenig Verdauungsaufwand verursacht und in Hülle und Fülle überall und jederzeit zur Verfügung steht. Wer kann schon dem Drang nach Süßem widerstehen?

Es braucht Bewegung! Körperliche Arbeit, Sport oder Spaziergänge halten Körper und Seele gesund. Die Aufgabe besteht lediglich darin, die richtige Betätigung zu finden, die auch möglichst viel Spaß und Freude macht.

Übertreibungen und Extrembelastungen wiederum können langfristig die Gesundheit beeinträchtigen, Gelenke oder das Herz schädigen.

Dafür bringt gemeinsames Erleben ein Vielfaches an psychischer Energie: Mit Freunden joggen gehen, Mannschaftssport oder auch Wanderungen in der Gruppe.

Das reicht nicht? Dann muss eben der Aktionsradius erweitert werden: Ein Tapetenwechsel, beispielsweise: Urlaub, Reisen, um neue Orte und Umgebungen kennenzulernen, sich zu entspannen, Kontakte zu knüpfen oder sogar Lehren für das eigene Leben daraus zu ziehen.

Was will der unter psychischen Nöten leidende Teenie? Nichts wie weg, egal wohin. Das Hier und Jetzt nervt nur noch.

Oder lieber etwas Lebendiges? Ein Haustier, z.B. ein Hund, kann seinem Halter viel psychische Energie einbringen: Knuddeln, wann immer er will, täglich strukturierte Bewegung an der frischen Luft mit vielen Sozialkontakten zu anderen Hundehaltern und auch ein bisschen Dominanz oder auch mal Macht ausgeübt mit ‚Sitz‘, ‚Platz‘ oder was auch immer. Aufwand und Einschränkungen, selbst ein Schlafplatz im Ehebett, sind für ein neues Familienmitglied in Kauf zu nehmen.

Das Tier selbst total fremdbestimmt und eingeschränkt in seiner Bewegungsfreiheit, der Ausübung seines Jagdtriebs und der Art seiner Ernährung. Vegetarisch? Eine Katze ist dafür gemacht, Mäuse zu jagen und sie im Ganzen wegzuputzen.

Keine Chance gegen Launen und Dominanzbedürfnis des Halters. Mode und gewünschte Optik fördern „Qualzüchtungen“, die dem Tier und seiner Gesundheit oft lebenslang schaden.

Der Pegel sinkt weiter? Zum Glück hat die gehirnliche Software über Millionen von Jahren hinweg aus kritischen Situationen gelernt und hält in ihrem unbewussten ‚Werkzeugkasten‘ weitere wohlerprobte Verhaltensweisen bereit.

Hier tut sich das Prinzip „Sündenbock“ ganz besonders hervor:

Wilder Westen, ein feiger Mord, die übrigen Colt-Träger zutiefst beunruhigt, deren Pegel an psychischer Energie tief im Keller. Das muss möglichst schnell ausgebügelt werden, meint der Sheriff: Aus den „üblichen Verdächtigen“ gleich einen hilflosen Sündenbock herausgedeutet und bei großem Zulauf öffentlich präsentiert und hingerichtet. Letzteres als schnelle und finale Machtausübung bringt den Umstehenden besonders viel psychische Energie.

Ob das wirklich der Mörder war, spielt bei diesem Prinzip – leider – keine allzu große Rolle, Hauptsache, den Pegel psychischer Energie vieler durch das Opfern eines Einzelnen oder gleich einer ganzen Gruppe schnell wieder angehoben. Je zeitnäher und unmenschlicher der Umgang mit dem Sündenbock, desto höher der psychische Zufluss für die verunsicherte, aufgeputschte Menge.

Auch ganze Gesellschaften erliegen allzu leicht dem kollektiven Urprogramm ‚Sündenbock‘ und können sich darin hasserfüllt bis zu jedem Fanatismus versteigen. Im Mangel an psychischer Energie braucht es dazu erschreckend wenig. Schnell ist eine Minderheit herausgedeutet und zum Nutzen der Mehrheit an den Pranger gestellt, wenn nicht gar aggressiv angegangen oder sogar ausgelöscht.

Das Urprogramm ‚Sündenbock‘ ist so mächtig wie zeitlos und wird in seiner Wirkung weit unterschätzt.

Im Mittelalter eine Epidemie: Die mentalen Fähigkeiten fehlen, deren Ursachen zu ergründen, geschweige denn diesen wirksam zu begegnen. Also müssen ganz normale, aber doch irgendwie aus dem üblichen Raster fallende Menschen als Sündenböcke und Schuldige herhalten, um den Pegel des ansonsten vollends in Existenzängsten versinkenden Volkes über dem eines Volksaufstandes zu halten: Hexen sind an allem schuld..

Vom psychischen Pegel her gesehen fällt die Gesamtbilanz der psychischen Energie, über ein ganzes Volk hinweg betrachtet, leider weit positiv aus. Eine in ein akutes, wenn nicht gar grenzwertiges psychisches Defizit geratene Gesellschaft rettet sich, indem sie sich ihrer Randständigen möglichst grausam entledigt? 

Früher und selbst heute noch haben Regierungen bei ‚sozialer Instabilität‘, sprich kritisch niedrigem Pegel einer Gesellschaft, ein anderes Land zum Sündenbock erklärt und einen Krieg vom Zaun gebrochen, um angeblich diese ‚Wurzel allen Übels‘ auszurotten, in Wirklichkeit unter schrecklichen Opfern sich selbst zu retten.

Überraschend, wie schnell auch im täglichen Leben der ‚Sündenbock‘ anspringt:

Der Autoschlüssel ist weg, eine Katastrophe. Spontan der Gedanke: Sicherlich hat der Kleine damit gespielt und ihn irgendwo in der Wohnung versteckt. Die Wohnung tagelang auf den Kopf gestellt: Nichts. Durch Zufall in einer Jackentasche wiedergefunden. In der Panik kommt erst der ‚Sündenbock‘, dann – wenn überhaupt – die reifliche Überlegung – oder der Zufall.

Jeder trägt den unbewussten, aber sehr effizienten Programmteil ‚Sündenbock‘ in mehr oder weniger starker Ausprägung in sich und wenn die Auswüchse ungestraft bleiben oder sowieso alle mitmachen, genügt das völlig, um den im psychischen Keller wartenden Alptraum von der Leine zu lassen.

Alptraum, wie bitte? Wie sonst sollte man ganz ohne ‚Sündenbock‘ den Abfluss psychischer Energie so zeitnah und effizient mindern? Was gibt es besseres, als diesen so schnell wie möglich einem Menschen, einem Tier oder auch seinem Fahrrad aufzulasten? Wie erleichternd, letzterem einen Tritt zu verpassen, wenn schon wieder ein Reifen platt ist, wenn man eben so dringend losfahren wollte.

Ohne das Prinzip ‚Sündenbock‘ wäre das Leben unvergleichlich viel schwerer.. Und steckt auch noch tief in unserer Natur..

So tief, dass es uns nicht wirklich bewusst wird: Ein Krankenhaus getroffen und alle Medien haben bereits den angeblichen Verursacher verurteilt, ohne überhaupt zu wissen, wer dieser ist. Es ist allzu leicht, mit dem ‚Sündenbock‘  psychisch defizitäre und daher unwissende und angstgesteuerte Menschen an der Nase herumzuführen, aber auch damit deren Pegel zu Lasten auch völlig Unschuldiger anzuheben. 

Die Gretchenfrage: Sind wir unseren unbewussten Antrieben tatsächlich hilflos ausgeliefert? Schließlich sprechen diese doch, wenn der psychische Energiepegel zu weit abfällt, automatisch und heftig an und versuchen, das Regiment zu übernehmen?

Bei genügend hohem Pegel an psychischer Energie ist es Verstand, Vernunft und sozialer Kontrolle noch möglich, diese ‚bösen Antriebe‘ bewusst in Grenzen zu halten.

Mit sinkendem Pegel jedoch beginnt die Verstandeskontrolle zu bröckeln, emotionale und unsoziale Seiten kommen an die Oberfläche. Schließlich kann nichts mehr diese mächtigen Urprogramme aufhalten, denn es geht um die psychische Existenz.

Und heute? Krisen überall und miese Zukunftsaussichten? Der Pegel an psychischer Energie einer ganzen Gesellschaft und damit Vernunft und soziale Haltung am Sinken. Emotionale Überempfindlichkeit macht sich breit und immer mehr der unwiderstehliche Drang, sich durch Machtausübung an einem Sündenbock wieder psychische Energie zu verschaffen.

Wie im Mittelalter: Beschuldigen und Zerstören Einzelner, um sich selbst zu retten. Anonymität und Vervielfachung in den Onlinemedien lassen besonders Cyber-Umtriebe beliebig ausarten.

Man dachte doch, den gesellschaftlichen ‚Sündenbock‘ hätten wir hinter uns? Im Mangel an psychischer Energie kommt er zurück.

Die wirkliche Schuld am Missbrauch des Prinzips ‚Sündenbock‘ trägt die Mehrheit einer Gesellschaft, die infolge eigener Verunsicherung und Mutlosigkeit nicht in der Lage ist, ihre menschlichen Prinzipien zu behaupten und dem ‚Sündenbock‘ Einhalt zu gebieten.

Eigentlich gehören so wichtige Fragen wie Ethik, Rassismus und dergleichen vor ein wissenschaftlich-demokratisches Forum und nicht in die Hand labiler Sündenbock-Fanatiker.

Und wenn der Pegel psychischer Energie sogar noch weiter sinkt? Selbstwertgefühl, Kraft und Überlebenswille verlorengehen? Ganz einfach: Der Betroffene kapituliert und macht sich selbst zum Sündenbock. Er gibt sich freimütig die Schuld an allem, selbst wofür er gar nichts kann, macht sich klein und wagt es nicht einmal mehr, Freude an etwas zu haben. Es droht die ‚German Angst‘.

Bei so viel angehäufter Schuld wäre Freude ja verwerflich. Mentale Selbstbeschädigung, schon wieder Mittelalter mit seinen Flagellanten und seinem religiösen Diktat von Sünde. Wie bitte? Der heutige Mensch, besonders der weiße, sei ‚von Natur aus‘ schuldbeladen?

Wie in aller Welt kann man auf so einen Unsinn kommen? Mentale Rezession ins Mittelalter?

Weil das Prinzip ‚Sündenbock‘ durch die Evolution eben unverrückbar tief einprogrammiert ist und bei einem grenzwertigen Defizit an psychischer Energie vom Algorithmus zwangsläufig in Gang gesetzt wird.

Dagegen hat ein heruntergefahrener ‚gesunder Menschenverstand‘ nicht die geringste Chance…

Es ist noch nicht einmal vorsätzlich böser Wille, sondern die unumgängliche Zwangshandlung eines hoch Defizitären.

Da die Gegenwart oft nicht genügend Gründe für Schuldzuweisungen hergibt, gräbt man besser im unerschöpflichen Fundus an Untaten, deren sich die Altvorderen schuldig gemacht haben oder angeblich haben sollen.
Der große Vorteil: Letztere können sich nicht mehr verteidigen..

Da hilft auch kein Argument von wegen geschichtlichem Kontext „das war damals halt so…“, nein, alles muss ans Licht gezerrt, im Interesse einer suspekten ‚Schuldkultur‘ zitiert, am heutigen bequemen grünen Tisch ausgebreitet und ideologisch als Erbsünde verdammt werden. Worte verbieten und jene ächten, die sie ausgesprochen haben.

Geschichte ist doch nicht dazu da, um sie punktuell und endlos ideologisch zu sezieren und Menschen heute Schuld aufzuladen, die keinerlei Einfluss auf das Geschehen hatten, sondern aus ihr zu lernen und dafür zu sorgen, dass wir nicht wieder solchen Entgleisungen anheimfallen!

Wozu das Ganze? Sündenbock pur! Diese ‚Machtausübung von unten‘ wirft eben viel psychische Energie ohne eigenen Aufwand ab: Anderen Schuld aufzuladen, ihnen damit psychische Energie zu stehlen, um selbst oben zu bleiben.

Spaß, Freude und freies Denken fallen Neid und Missgunst von Deprimierten zum Opfer.

Eigentlich sind diese Urprogramme ja zur Unterstützung in kritischen Situationen gedacht. Kann man sich derer auch unter normalen Umständen, sprich, im psychischen Gleichgewicht bedienen? Um sich selbst zu stabilisieren, aber auch andere Menschen damit zu manipulieren, um z.B. eine Machtposition zu erringen? Oder sie sogar zu Taten bewegen, die sie im psychischen Gleichgewicht für undenkbar hielten?

Radio Erewan sagt: Im Prinzip ja: Alle Urprogramme können bewusst und mit vollem Vorsatz angesprochen und auch missbraucht werden, dies umso effizienter, je niedriger der psychische Pegel der Manipulierten bereits gesunken ist.

„Quengelware“, sprich Süßigkeiten an der Supermarktkasse, genau in Höhe der genervten Kleinkinder postiert: Will haben, nein, Geschrei, Kapitulation, damit Ruhe ist.

Überall ziehen Einzelne oder Interessengruppen Vorteile daraus, Menschen zu verunsichern, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und damit deren Urprogramme zwangsläufig in Gang zu setzen. Selbst eine seriöse Presse vermittelt vorrangig negative Inhalte. Nur Verstand, Vernunft und Sozialempfinden könnten da noch helfen – falls sie noch präsent wären.

Der Mensch ist nicht ‚gut‘ oder ‚böse‘, er ist so, wie es die Situation erfordert. Der Eine wird im Defizit schneller unsozial als der andere.

Das Prinzip ‚Sündenbock‘ ist weit verbreitet und durchdringt alle Lebensbereiche wie Familie, Arbeitsplatz, Freizeit, Sport: Bei Einbrüchen der psychischen Energie werden schnell ‚Schuldige‘ gesucht, um sich selbst über Wasser zu halten.

Und die KI? Der Algorithmus im Gehirn versucht mit zweifelhaften und im Extrem auch sehr unsozialen Urprogrammen den weiteren Niedergang des psychischen Pegels aufzuhalten. Verbliebene Teile von Verstand, Vernunft und sozialem Empfinden haben es immer schwerer, die ‚bösen Antriebe‘ dieser Urprogramme in Grenzen zu halten.

Könnte hier eine KI gute Dienste leisten, indem sie dem Menschen sein Unbewusstes bewusst macht?

Wie das denn? Unbewusstes ist doch nicht bewusst zu machen, eben weil es unbewusst ist?

Wieder im Prinzip ja. Doch zeigt sich das Unbewusste im täglichen Leben tausende Mal durch die Verhaltensmuster, die es auslöst. Wenn ich die Auswirkungen eines Programms und auch nur dessen ungefähre Struktur kenne, kann ich genügend Rückschlüsse ziehen, immer bessere Voraussagen machen und damit im Umgang die Eigenheiten dieses Menschen besser berücksichtigen.

Das tun wir doch alle in größtem Maße: Einem, der leicht an die Decke geht, teilen wir Sachverhalte vorsichtiger mit als einem Normalen, den Labilen schützen wir durch besonders rücksichtsvolle Ansprache, einem Mächtigen lügen wir notfalls etwas vor.

Wirkliches Ziel einer persönlichen KI wäre jedoch, dem Menschen selbst die Informationen zu liefern, die ihn befähigen, besonders unsoziale oder überschießende Urprogramme bewusst zu erkennen und in Grenzen zu halten.

Zwar könnte und sollte die KI eine natürliche Intelligenz nicht ersetzen, aber vielleicht mit ihrem Wissen um die unbewussten Antriebe ihres Menschen als Ratgeber dessen Verstand und Vernunft stärken, um wenigstens die schlimmsten Auswüchse zu verhindern?

Johann hat sich geärgert. Über seine smarte Uhr registriert seine persönliche KI einen wachsenden Stresspegel und auch seine bedenkliche Neigung, Streit zu suchen oder mindestens zur Entspannung etwas an die Wand zu werfen. Seine KI versucht nun, ihm dies auf höchst sensible Art bewusst zu machen und seine Energie in friedlichere Bahnen zu lenken.

Vielleicht hört er auf seine KI oder er wirft sie als erstes an die Wand…

Jakob fühlt sich überfordert und ausgelaugt, sehnt sich nach ein paar Tagen Ruhe. Seine KI kennt seine innersten Bedürfnisse und macht ihm Vorschläge.

Und die Programmierung von Robotern? Gegenwärtig nach Logik: Wenn das, dann das. Genau auf die Aufgabe programmiert. Interessant wird es, wenn humanoide Roboter in verschiedenen Situationen eigene Entscheidungen treffen sollen. Entscheidung als Bestlösung aus dem Vergleich der Motivationen für verschiedene Handlungsvarianten (Psycho-Mathematik). Man hat immer eine Wahl! Wirklich?

Dabei kommt es auf die Wichtung der Bausteine an, die zur Berechnung der Motivation herangezogen werden. Diese ‚Werte-Koeffizienten‘ müssen ebenfalls eingegeben werden, sind ‚menschliche‘ Vorgaben, die wiederum von Urprogrammen beeinflusst sein können: ‚Gute‘ oder ‚böse‘ Programmierung.

Denn Roboter tun, was sie tun sollen und, einmal in Gang gesetzt, arbeiten sie streng nach Programm: Was sie nicht kennen, ist für sie nicht präsent, Menschlichkeit inklusive.

Ohne klare Entscheidungsgrundlagen kann auch ein Roboter kein Dilemma auflösen.

Ein Zug rast auf eine Weiche zu: Fährt er geradeaus weiter, wird er fünf Gleisarbeiter überrollen, stellt der Roboter die Weiche um, nur einen. Wenn man ihm nicht sagt, fünf Überlebende seien besser als einer, wird er gar nichts tun.

Fazit: Das akute Defizit an psychischer Energie bedeutet einen Wendepunkt: Bewusstheit, Verstand und soziale Eigenschaften schwächen sich ab, Wahrnehmung, Verhaltensberechnung und Ausführung insgesamt verlieren an Qualität, das Selbstwertgefühl schwindet.
Immer stärker treten mächtige und oft sehr schädliche Urprogramme in Aktion, um den Pegel an psychischer Energie zu stabilisieren.
Kann eine persönliche KI helfen? Einen Versuch wäre es wert…

Bildnachweis:
fabioberti.it/Shotshop.com                                   Gehirn im Käfig
nd3000/Shotshop.com                                          Paar beim Joggen
Erwin Wodicka/Shotshop.com                            Grüne und rote Spielfiguren